„Rettet die Villa Baltic“

Leserbrief

In der Ausgabe 34/2021 des reporter, war ein Artikel der Bürgerinitiative „Rettet den Baltic Park“ zu lesen. Seit nahezu dreißig Jahren gammelt die Villa Baltic vor sich hin und wurde vom Vandalismus heimgesucht. Darum war ich, wie möglicherweise viele Kühlungsborner, froh, dass potente Investoren sich des denkmalgeschützten Hauses annehmen. Dass zum Erhalt der Villa ein tragfähiges finanzielles Konzept gehört, dürfte selbst den Initiatoren der Bürgerbewegung klar sein, aber was haben sie für Vorstellungen für die künftige Nutzung? Davon habe ich nichts gelesen. Nur dagegen sein, reicht nicht. Ich fragte eine der Unterschriften-Sammlerinnen, die meinte, man könne ein Kulturzentrum oder Ausstellungen darin etablieren, aber Kultur ist ein Zuschussgeschäft und das wird sich kein privater Investor ohne eine dahinterstehende Stiftung auf den Tisch ziehen. Und der Stadt wird schon die Kunsthalle als Subventionsempfänger reichen.
Der nächste Vorschlag war eine Spielbank. Würde der Investor dafür eine Lizenz bekommen? Wohl kaum. Gewiss, Kühlungsborn hat genug Gästebetten, doppelt so viele wie Einwohner, wie in der Sendung des NDR über einen hiesigen Fischhändler kürzlich gesagt wurde. Aber für den Erhalt der Villa muss man Kompromisse machen können. Die Architekturzeichnung des vormaligen Besitzers der Villa fand ich akzeptabel, weil Architekturelemente der Villa in dem geplanten Hotelneubau aufgenommen wurden. Jetzt wurde als Argumentationshilfe gegen den Verkauf der zur Disposition stehenden Fläche eine Luftaufnahme der Villa mit der markierten, zur Diskussion stehenden Fläche gezeigt. Auf diese Fläche wurde ein überdimensionierter Quader gesetzt. Dieser eingezeichnete Quader soll das künftige Hotel darstellen. Das dürfte eine Irreführung sein, dient der Stimmungsmache und ist unredlich, denn so ein Gebilde würde nie eine Genehmigung erhalten. Außerdem wurden die mindestens drei Meter Abstand der Bebauung zur Grundstücksgrenze nicht berücksichtigt.
Auch bei der Argumentation zum Park selbst gibt es Ungereimtheiten. Ich bin oft genug im Baltic-Park und auf dem Baltic-Platz. Auf den unverbauten Blick auf die See vom Baltic-Park aus legt kaum jemand wert. Der Park wird hauptsächlich als Zugang zum Baltic-Platz genutzt. Was freudig angenommen wird, ist der Kinderspielplatz. Welche Lösung bleibt übrig, wenn das Bürgerbegehren Erfolg hat? Die Stadt kauft das Gebäude zurück und belastet sich mit einem Millionengrab oder die Investoren sind sauer und entfernen die Bauzäune und die Eingangstür und überlassen das denkmalgeschützte Haus wieder den Vandalen vom FC Hansa, die bereits in der Vergangenheit im und am Haus sich mit ihren Graffiti verewigt haben. Nach weiteren zwanzig Jahren kann dann die Ruine abgerissen werden. Ich befürchte, dass bei dem Bürgerbegehren vorwiegend die Gegner des Verkaufs bzw. des Hotels ihre Stimme abgeben, die Befürworter einer Rettung der Baltic-Villa aus Bequemlichkeit zu Hause bleiben.
In wissenschaftlichen Arbeiten ist es üblich offenzulegen, ob ein Interessenkonflikt besteht, also, ob man Zuwendungen für Gutachten oder Vorträge vom Nutznießer erhalten hat.
Ich versichere hiermit, dass ich die Investoren nicht persönlich kenne und in keinerlei Kontakt zu ihnen stehe.

Werner Beyer
(Anschrift der Redaktion bekannt)

Foto: Jasmin Fernholz